Flache Hierarchien im Betrieb: Bedeutung, Vor- und Nachteile

Autoritär geführte Unternehmen nach klassischer Art sind out, flache Hierarchien liegen dagegen voll im Trend. Gerade die Digitalisierung hat dafür gesorgt, dass sich auch die Unternehmenskultur nachhaltig verändert hat. Befehle von oben erreichen insbesondere bei jüngeren und gut ausgebildeten Arbeitnehmern ihr Ziel nicht und wirken im Gegenteil oft kontraproduktiv. Vor- und Nachteile einer flachen Hierarchie für Selbstständige zeigen wir Ihnen in unserem Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis

Die Veränderung der Arbeitswelt bringt es mit sich, dass sich auch Organisation und Strukturen in Unternehmen von Grund auf verändern. Elitäre Führungsebenen und abgehobene Führungskräfte verschwinden mehr und mehr aus der modernen Arbeitswelt. Der Trend in Sachen Unternehmensstrukturen geht klar in Richtung flache Hierarchien, bei denen die Mitarbeiter nicht nur als Befehlsempfänger agieren. Kommunikation auf Augenhöhe, flache Hierarchiestufen und empathische Führungskräfte gehören zum Arbeiten von morgen fest dazu. Horizontale Ebenen anstatt ein striktes Untereinander ist dabei die Devise.

Was sind flache Hierarchien?

Als Hierarchie bezeichnet man übergreifend jedes Ordnungssystem in organisatorischen Einheiten. Sie finden sich nicht nur in Unternehmen, sondern ebenso in anderen Gefügen. So weisen zum Beispiel auch Familien eine Hierarchie auf – hier stehen in der Regel die Eltern an der Spitze des Ordnungssystems und haben dadurch die Entscheidungsgewalt.

Je mehr Hierarchiestufen es dabei gibt, desto komplexer wird das Gesamtgefüge.

Hierarchien sind allgegenwärtig

Der Begriff Hierarchie ist oft negativ belegt. Dabei sind Hierarchien immer nötig, da sie primär die Aufgabe der Koordination in einem Gebilde übernehmen. Im Unternehmen benötigen Sie auch als Selbstständiger eine Form der Hierarchie, um die anfallenden Aufgaben effizient umsetzen zu können.

Flache Hierarchien sind durch eine überschaubare Anzahl an organisatorischen Ebenen gekennzeichnet. Damit einhergehend ist auch das Fehlen von zu vielen übergeordneten Führungskräften: Die Entscheidungsgewalt reduziert sich automatisch mit jeder Ebene, die bei der Hierarchiebildung wegfällt.

Im Englischen bezeichnet man flache Hierarchien auch als flat organizations oder horizontal organizations. Damit bringt man zum Ausdruck, dass die Hierarchiestufen nicht von oben nach unten veraufen, sondern sich vielmehr auf einer Ebene bewegen.

Elementar für flache Hierarchien ist die Tatsache, dass bei Entscheidungen nicht nur einige wenige Mitglieder aus dem Team ein Mitspracherecht haben – sondern die gesamte Belegschaft. Das betrifft natürlich gerade in großen Unternehmen nicht jede einzelne Entscheidung: Dennoch ist man bei flachen Hierarchien darum bemüht eine Unternehmenskultur zu schaffen, bei der alle Mitarbeiter ein Mitspracherecht haben.

Was sind die Vorteile von flachen Hierarchien?

Im Unternehmen bieten flache Hierarchien zahlreiche Vorteile. Wir stellen die wichtigsten Vorteile für Ihr Unternehmen vor.

  1. Mehr Eigenverantwortung: Wer in die Entscheidungsfindung eingebunden ist, der übernimmt automatisch auch mehr Verantwortung. Dies kann in einem kleinen Rahmen gegeben sein, aber auch bei großen und wichtigen Fragen. Eine flache Hierarchie sorgt dafür, dass die Verantwortung nicht mehr auf den direkten Vorgesetzten abgewälzt wird. Das stärkt Motivation und Eigeninitiative und führt in der Praxis zu besseren und durchdachteren Entscheidungen.
  2. Mehr Motivation: Nicht nur ausführen, sondern mitbestimmen – wohl kaum ein anderes Element sorgt bei Arbeitnehmern für mehr Motivation. Das Wissen, als Teil des Unternehmens auch ein Mitspracherecht zu besitzen, ist daher äußerst förderlich für die Motivation Ihrer Mitarbeiter.
  3. Besseres Arbeitsklima: Über- und Unterordnung ist dem Gemeinschaftsgefühl innerhalb des Unternehmens wenig zuträglich. Flache Hierarchien haben genau den gegenteiligen Effekt: Durch das Mitspracherecht fühlen sich alle Abteilungen gleichermaßen eingebunden. Konkurrenzdenken hat keinen Platz mehr in der Unternehmenskultur und das Arbeitsklima verbessert sich spürbar, was dazu führt, dass Arbeitnehmer mehr Spaß am Arbeiten entwickeln.
  4. Weniger Kosten: Je mehr Leitungsebenen, desto höher sind die Personalkosten. Verantwortung verlangt nämlich eine entsprechende Bezahlung: Bei vielen Leitern auf unterschiedlichen Hierarchieebenen sind daher die Kosten ungemein viel größer als durch flache Hierarchien.
  5. Kurze Entscheidungswege: Keine Anträge mehr, die von allen vorgesetzten Leitern abgesegnet werden müssen. Flache Hierarchien sorgen dafür, dass Entscheidungsfindungen deutlich verkürzt werden.

Welche Rolle spielen Führungskräfte bei flachen Hierarchien?

Führungskräfte sind das A und O, wenn es darum geht flache Hierarchien in der Unternehmenskultur zu etablieren. Der “konservative Chef”, dessen Führungsstil strikt hierarchisch ist und der unter seinen Mitarbeitern als Choleriker bekannt ist, wird kaum dafür sorgen, dass Hierarchiestufen im Unternehmen abgebaut werden. Auch Führungskräfte müssen umdenken und sich den neuen Begebenheiten der Arbeitswelt anpassen. Moderne Führungskräfte begegnen ihren Mitarbeitern auf Augenhöhe und haben das Ziel jedem Teammitglied die Möglichkeit zu eröffnen sich einzubringen.

Zuhören und empathisch sein gehören zum modernen Führungsstil absolut dazu. Kein Mitarbeiter kommt gerne zur Arbeit, wenn er von seinem Chef nur von oben herab behandelt wird. Auch wenn es am Anfang schwerfallen kann, als Führungskraft lohnt sich hier Eigeninitiative!

Was sind die Nachteile von flachen Hierarchien?

Nicht immer bietet sich eine flache Hierarchie an. Die Entscheidung für oder gegen eine flache Hierarchie hängt insbesondere auch von der Art des Unternehmens ab sowie von der Struktur der Mitarbeiter.

Besonders in den letzten Jahren und mit dem Aufkommen der Start-Up-Unternehmenskultur haben sich flache Hierarchien in den Unternehmensstrukturen in großer Mehrzahl etabliert. Diese zeichnen sich nicht nur durch ihre innovativen Ideen aus, sondern auch sehr häufig durch ihre ungewohnten Organisationsstrukturen. Flache Hierarchien sind hier an der Tagesordnung – und die Unternehmen setzen verstärkt auf Gruppendynamik und Team- bzw. Projektarbeit. Das Ziel von Start-Ups ist es oft Spaß an der Arbeit in den Fokus zu stellen und somit ein Unternehmen zu werden, in dem Menschen gerne ihrer Arbeit nachgehen.

Dennoch ist der Verzicht auf Hierarchieebenen nicht immer zum Vorteil für Ihr Unternehmen.

Nachteile können sich aus ganz unterschiedlichen Gründen ergeben:

  • Mehr Arbeitsaufwand für das Top-Management: Viele Hierarchieebenen bedeuten auch eine Delegierung von Aufgaben, die nicht zwingend durch die obere Leitungsebene erledigt werden müssen. Aufgaben können an Abteilungsleiter weitergegeben werden, diese koordinieren dann ihre Teams. Wenn Sie sich für eine flache Hierarchie im Unternehmen entscheiden, müssen Sie daher mit einem Mehraufwand rechnen. Nicht immer ist das im Interesse von Geschäftsführern und Vorstand.
  • Weniger Aufstiegschancen: Durch den Wegfall von Hierarchieebenen reduziert sich auch das Angebot an Beförderungen oder innerbetrieblichen Aufstiegschancen. Manche Mitarbeiter empfinden das als störend und werden so in ihrer Motivation gehemmt. Dies gilt ganz besonders dann, wenn Gehaltserhöhungen nur über Beförderungen möglich sind.
  • Intensive Teamwork erforderlich: Alle entscheiden gemeinsam – das klappt nur, wenn auch alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Eine flache Hierarchie verlangt entsprechende Zusammenarbeit und gute Kommunikation innerhalb des Teams. Nur, wenn diese auch wirklich gewährleistet ist, können Entscheidungen zum Wohl des Unternehmens getroffen werden.

Welche Alternative bietet sich zur flachen Hierarchie?

Traditionell arbeiten Unternehmen nach einer dreiteiligen Organisationsstruktur im Management:

  • Obere Leitungsebene: Besteht aus dem Geschäftsführer bzw. dem Vorstand. Sie repräsentiert das Unternehmen nach Außen und ist in die langfristige Planung eingebunden.
  • Mittlere Leitungsebene: Besteht aus Abteilungs- und Sachgebietsleitern. Sie übernimmt die Planung und das Controlling und steuert den Einsatz von Mitarbeitern. Hier werden auch die Entscheidungen für die obere Leitungsebene vorbereitet.
  • Untere Leitungsebene: Besteht aus Gruppenleitern und Werkmeistern oder Fachwirten. Sie übernimmt die Vorgaben aus der mittleren Leitungsebene und entscheidet, welche Aufgaben an wen verteilt werden. Mitarbeiter der unteren Leitungsebene arbeiten ebenfalls im operativen Geschäft mit und sind dadurch in den Arbeitsalltag “vor Ort” eingebunden.

Eignen sich flache Hierarchien für jedes Unternehmen?

Auch, wenn eine flache Hierarchie im Trend liegt und sich viele Unternehmer eine verschlankte Organisationsstruktur wünschen. Das Modell eignet sich nicht für jedes Unternehmen. Studien zeigen, dass flache Hierarchien gerade dort gut funktionieren, wo auch ein Betriebsrat für positive Einflüsse sorgt. Die Mitbestimmung stärkt dann noch weiter das Vertrauen zwischen Führungsebene und Belegschaft und reduziert den Kontrollbedarf. Beides geht somit Hand in Hand. Als Unternehmer sollten Sie daher weniger an einer flachen Hierarchie festhalten als an einer durch Vertrauen und Teamgeist geprägten Unternehmenskultur.

Ihr Unternehmen profitiert immer dann durch flache Hierarchien, wenn langwierige Entscheidungsprozesse und komplizierte Kommunikationswege die Entwicklung behindern. Gerade dann schafft eine flache Hierarchie Abhilfe. Sie ersetzt dann den langen Weg, bis Sie als Chef final eine Entscheidung treffen.

Wichtig zu wissen: Wenn Sie sich für eine flache Hierarchie in Ihrem Unternehmen entscheiden, dann erfordert dies oft auch ein Umdenken in anderen Bereichen. Überarbeiten Sie Kommunikations- und Informationssysteme in Ihrem Unternehmen, die zu einer reduzierten Hierarchie passen. Für eine flache Hierarchie müssen Sie aber auch die Kontrolle abgeben: Dies ist notwendig, damit Sie die Entscheidungswege verkürzen. Wer ungerne die Zügel aus der Hand gibt, wird mit einer flachen Hierarchie nur schwer glücklich.